Vinum - By Rainer Schäfer Noch vor kurzem galt der Anbau von Schioppettino als riskant für Winzer. Wer ihn wagte, dem drohte Gefängnis. Heute spiegelt diese autochthone Rebsorte aus dem Friaul wie keine andere den Charakter der Region wider.In ihrer Nachbarschaft arbeitet eine weitere Frau, die über Umwege zum Wein gekommen ist. Hilde Petrussa, 65, ist die grosse Dame des Schioppettino. Er ist mehr als ein Wein für sie, sie hat ihren Ehemann kennengelernt, als er im Weingut Schioppettino gekauft hat, sie war gerade 20 Jahre alt. Lange Jahre arbeitete sie in der Schulverwaltung, erst 1995 übernahm sie das Weingut Vigna Petrussa von ihrer Mutter. Sofort reduzierte sie die Erträge der Reben, so radikal, «dass die Pfl anzen geschockt reagierten und gar nichts mehr geliefert haben ». Sie lacht, als sie das erzählt. «Früher kannte man nur das hässliche Gesicht des Schioppettino, heute schaff en wir es, seine schönen Seiten zu zeigen.» Aber man müsse viel nachdenken über diese Sorte, «es ist eine Wissenschaft. Schioppettino will beaufsichtigt werden wie ein Kind, aber es lohnt sich.» Feldforschungam Lieblingsobjekt, das betreiben inzwischen viele Winzer um Prepotto. Schioppettino ist stark wüchsig und produziert Riesentrauben, wenn man die Rebe nicht zügelt und in Balance hält. «Vom Charakter her ist Schioppettino ein weiblicher Wein», da sind sich die beiden Winzerinnen einig. «Mit viel Temperament ausgestattet und trotzdem elegant.» Aber viel Lehrgeld haben die Schioppettino-Forscher bezahlen müssen, bis sie einen Umgang mit ihrer Rebe gefunden hatten: Erst fi el er zu dünn aus, dann wurde er bis zur Unkenntlichkeit in der Barrique gemästet. Aber nicht nur die Arbeit mit den Holzfässchen hat sich eingespielt, der Schioppettino hat einen kompletten Stilwechsel erfahren. Viele Winzer trockneten einen Teil der Trauben, um dem Wein mehr Struktur zu verleihen. Aber von diesem Amarone-Stil sind die moisten wieder abgekommen, weil der Wein dadurch seine Finesse einbüsst.